Zukunftsperspektiven geowissenschaftlicher Berufe
Mit der Einführung moderner Technologien ging ein massiver Wandel im Berufsbild der klassischen Geologie, Geographie einher. Das zunehmende Verständnis des Systems Erde führte zu einer Spezialisierung der Fachrichtungen. Die gesellschaftliche Wahrnehmung für dieses Berufsfeld konnte mit diesem schnellen Wandel nicht Schritt halten. Gleichermaßen blieb der Austausch zwischen diesen neuen Fachdisziplinen defizitär.Über die Zukunft geowissenschaftlicher Berufe soll nicht um ihrer selbst willen (Überleben eines Berufszweiges) nachgedacht werden. Vor dem Hintergrund rasanter Umwelt- und Klimaveränderungen ist das geowissenschaftliche Verständnis der Erdsysteme für einen auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Umgang mit unserer Umwelt essentiell. Das heißt, Geo-Forschung ist für die Menschen dieser Erde letztlich überlebensnotwendig. Zu entwickeln ist, wie die großen geowissenschaftlichen Aufgaben am effizientesten bewältigt werden können. Aufgrund der Komplexität der Fragestellungen kann dies nur in der multidisziplinären Verknüpfung der klassischen Forschungsrichtungen gelingen. Zudem können notwendige Vorsorge- und Schutzmaßnahmen nur unter Beteiligung der Gesellschaft finanziert und umgesetzt werden. Geowissenschaftler müssen ihre Anliegen daher verstärkt der Öffentlichkeit zugänglich machen.Beispielhaft werden hier die benthischen Kohlenstoff-Flüsse im Südatlantik untersucht. Geochemische Untersuchungen im EIFEX-Gebiet (European Iron Fertilisation Experiment) offenbarten deutliche Unterschiede in den Kohlenstoff-Exportraten zwischen bedüngten und unbedüngten Versuchsarealen. Um den Gesamtprozess, bestehend aus der Dynamik der Planktonblüte, dem anschließenden Absterben und Absinken auf den Meeresboden in die Tiefsee zu verstehen, sind nicht nur die Strömungen in der gesamten Wassersäule, sondern auch die Plankton-Aggregation, Zooplankta (Grazer) und der mikrobielle Abbau während und nach dem Absinken zu untersuchen. Speziell wurden hier Sediment-Parameter zu Abbau und Fixierung von organischem Material im Oberflächensediment untersucht. Eine qualifizierte Interpretation der Daten ist nur möglich durch Einbeziehen der von anderen Gruppen gemessenen biologischen und ozeanographischen Wassersäulendaten. Andererseits stellen die Arbeiten am Meeresboden eine wesentliche Ergänzung der EIFEX-Studie dar, erlauben sie doch eine Einschätzung der Kopplung der Lebensräume Wassersäule und Meeresboden. Ziel ist u. a., aus räumlich und zeitlich begrenzten Beobachtungen Aussagen zum Kohlenstoffkreislauf und zur Ökologie des Südozeans zu machen.Das spezielle Beispiel zeigt zudem, dass sich eine stärkere interdisziplinäre Arbeitswiese durch gemeinsame Forschungsprojekte, am besten mit Personenaustausch, erreichen lässt. Der effiziente Austausch von Methoden und Denkweisen anderer Fachdisziplinen befruchtet die eigene Forschung.Hieraus lassen sich auch Anforderungen an die zukünftige wissenschaftliche Ausbildung ableiten: Zur multidisziplinären Zusammenarbeit gehört neben der personellen Voraussetzung auch ein Klima der Kooperation. Die Bereitschaft, Fachwissen und spezifisches Know-how zu poolen, ermöglichte es in diesem Fall, ein grundlegendes Verständnis des Systems zu erarbeiten.Ähnlich komplex gestalten sich Fragestellungen zu menschlichen Eingriffen in die Umwelt. Darum sind interdisziplinär ausgebildete Nachwuchswissenschaftler prinzipiell gut vorbereitet für Aufgaben in Bereichen wie Alpen- und Küstenschutz. Ergebnisse aus Klimarechnungen dienen Versicherungsgesellschaften als Basis zur Beurteilung von Georisiken und erlangen in Zukunft auch für den Katastrophenschutz wachsende Bedeutung. Geowissenschaftliche Gutachten stellen für politische Entscheidungen wichtige Planungsgrundlagen dar (Trinkwasser- und Energieversorgung, Städte- und Verkehrswegebau, Entsorgung von Abfallstoffen, etc.).Neben der Betonung der Bedeutung interdisziplinärer Forschung zeigt die Studie Vorschläge auf, wie die moderne Forschungslandschaft auf die sich wandelnden Anforderungen reagieren sollte.
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