Zur Biologie von Ensis directus und Spisula solida (Mollusca: Bivalvia) in den Küstengewässern der östlichen Nordsee
Das Untersuchungsgebiet liegt im flachen Sublitoral (7 16 m Tiefe) und ist vorwiegend mit Feinsand bedeckt. Hinzu traten fleckenhaft Grobsandbereiche auf der Amrumbank und in be-nachbarten Gebieten auf. Anhand der Sedimente kann zwischen einer Feinsand- und einer Grobsand-Assoziation unterschieden werden, zwischen denen fließende Übergänge vorhanden sind (Mittelsandgebiete und schlickige Feinsandgebiete). Die gefundenen Arten innerhalb der Assoziationen entsprechen denen aus früheren Untersuchungen (ZIEGELMEIER 1963, STRIPP 1969, RACHOR & GERLACH 1978, ZIEGELMEIER 1978, RACHOR 1980, SALZWEDEL et al. 1985, 1990, NIERMANN 1991), mit Ausnahme der neu eingewanderten Art Ensis directus. Im Unter-suchungszeitraum konnten in den Assoziationen Fluktuationen von Arten- und Individuenzahlen festgestellt werden: Abnahme der Diversität und Evenness im Frühjahr 2001 durch den Larveneinfall von Polychaeten, vor allem aber Ensis directus.23 Jahre nach ihrer Einwanderung hat sich Ensis directus auf den strömungsexponierten Sanden des flachen Sublitorals endgültig etabliert (mittlere Abundanz: 925 N/m2). E. directus scheint kaum Ansprüche an das Habitat zu stellen. Durch die große Beweglichkeit kann sie auf Sedimentumlagerungen reagieren und besetzt damit die ökologische Nische der meist ge-ring besiedelten und artenarmen mobilen Sande. Vor allem auf Feinsand und schlickigem Feinsand tritt die Muschel in extrem hohen Abundanzen auf (1972 bzw. 5481 N/m2). In der Untersuchung wurden vorwiegend ein bis zweijährige Muscheln gefunden, das Höchstalter beträgt 3,5 Jahre. E. directus ist eine opportunistische Art, die zu Massenentwicklungen neigt (MÜHLENARDT-SIEGEL et al. 1983), mit hoher Rekrutierung (> 25000 N/m2 im Juli 2001) und schnellem Wachstum (3,6 mm/Monat). Gleichzeitig konnten auch die Massenmortalitäten (Mortalität von 77 beziehungsweise 84 %/Jahr) von einjährigen E. directus bestätigt werden, wobei die Gründe immer noch ungeklärt sind. Möglich ist die Auswaschung der Individuen im Zusammenspiel mit niedrigen Temperaturen und damit eingeschränkter Beweglichkeit, als auch Erschöpfung nach dem Ablaichen, da es vornehmlich im Frühjahr hohe Mortalitätsraten gab.Spisula solida wurde zwar regelmäßig im Untersuchungsgebiet gefunden (Frequenz: 64 %), jedoch nie in hohen Abundanzen (mittlere Abundanz: 5 N/m2). Auf Grobsand wurde lokal eine höhere Abundanz erreicht (13 N/m2). Die Trogmuschel war hier eine der drei dominanten Arten (11 %). Ebenso wie E. directus ist S. solida eine schnellgrabende Muschel (KOCK 1995) und damit an die mobilen Sande angepasst. Dennoch liegen die in den Jahren 2000 2001 gefundenen Abundanzen weit unter den Vergleichswerten der frühen 90er Jahre (MEIXNER 1993, 1994, KOCK 1995). Bestätigt wird diese Tatsache durch die stetig sinkenden Anlandungen von Trogmuscheln seit Mitte der 90er Jahre. Ob die niedrigen Abundanzen auf die Auswirkungen des Eiswinters 1995/96 zurückzuführen oder andere Gründe für das Verschwinden der Muscheln verantwortlich sind, konnte nicht geklärt werden. Im Untersuchungsgebiet wurden vorwiegend kleine Individuen gefangen (mittlere Länge: 9,7 mm). Aufgrund der geringen Abundanzen konnten weder Wachstumsraten, Rekrutierung noch Größenstrukturen innerhalb des Bestandes untersucht werden.Diese Arbeit zeigt deutlich, dass zwischen den Muschelbeständen von E. directus und S. solida und der momentan betriebenen Fischerei eine deutliche Diskrepanz besteht. Viele Fragen bezüglich der Biologie der Arten sind offen. Es besteht daher weiterhin Forschungsbedarf um eine mögliche nachhaltige Fischerei sicher zu stellen.