Akustische Vermessung der Luftpulser Quellen des Forschungseisbrechers Polarstern im Herdlefjord, Norwegen
Im Rahmen von wissenschaftlichen Programmen zur Untersuchung der geodynamischen, plattentektonischen und paläozeanographischen Entwicklungsgeschichte des Antarktischen Ozeans werden von dem FS Polarstern marine seismische Messungen mit unterschiedlichen Luftpulsern (Air Guns) und Luftpulser Arrays durchgeführt. Um in Diskussionen über einen möglichen Einfluss anthropogener Schallquellen auf marine Säuger die Lautstärken dieser Quellen quantifizieren zu können, wurden die räumlichen Verteilungen ihrer Schallfelder in Zusammenarbeit mit der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen (WTD 71), Eckernförde im Herdle Fjord (Heggernes Messstation), Norwegen entlang von 2 bis 3 km langen Profilen mit zwei fest verankerten, kalibrierten Hydrophonketten in Wassertiefen von 35, 100, 198 und 263 m breitbandig (0 - 80 kHz) vermessen. Dabei kamen eine GI- (2.4 l), eine G- (8.5 l) und eine Bolt-Gun (32.8 l) als Einzelquellen und ein 3 GI- (7.4 l), ein 3 G- (25.5 l) und ein 8 VLF-Gun Array (24 l) zum Einsatz. Ergänzt wurden diese Vermessungen durch Modellrechnungen für die zurzeit ebenfalls auf marin-seismischen Expeditionen verwendeten 8 G- (68.2 l) und 8 G + 1 Bolt-Gun Arrays (100.1 l).Aus den Mess- und Modelldaten wurden Maximal- ("peak-peak", "zero-peak") und RMS-Amplituden sowie Energie- ("sound exposure level" (SEL)) und Frequenzgehalte als Funktion der Quelle-Empfänger-Distanz ausgewertet. Diese Kurven spiegeln deutlich die dipolartige Richtcharakteristik mariner seismischer Quellen mit Amplitudenauslöschung nahe der Meeresoberfläche wider ("Lloyd Mirror Effekt"). Ein Vergleich der Amplituden beim An- und Ablaufen auf die Hydrophonstationen zeigt, dass der Rumpf des FS Polarstern die Wellenausbreitung abschattet, so dass beim Anlaufen niedrigere Amplituden aufgezeichnet wurden als in gleicher Entfernung beim Ablaufen. Aus den in 263 m Wassertiefe gemessenen entfernungsabhängigen RMS-Amplituden und SEL-Werten wurden Radien abgeleitet, innerhalb derer marine Säuger möglicherweise eine temporäre Hörschwellenverschiebung (TTS) erfahren. Dabei wurden zwei unterschiedliche Kriterien mit unterschiedlichen Grenzwerten, oberhalb derer möglicherweise eine TTS eintreten kann, angewandt: (1) Ein RMS-Amplituden Kriterium mit einem Grenzwert von 180 dB(RMS) sowie (2) ein Maximalamplituden- und Energie-basiertes 2-Punkte Kriterium mit Grenzwerten von 224 dB(0-pk) und 183 dB(SEL). Im Fall des RMS-Kriteriums liegen die Radien zwischen 200 und 600 m für die Einzelquellen und zwischen 300 und 1300 m für die vermessenen und modellierten Arrays. Im Fall des Maximalamplituden- und Energie-basierten 2 Punkte Kriteriums variieren sie zwischen 50 und 300 m für die Einzelquellen und zwischen 100 und 300 m für die Arrays. Auf 1 m Entfernung zurückgerechnete nominelle Quellschallpegel betragen 224 bis 239 dB(0-pk) re 1 µPa @ 1 m für die Einzelquellen und 232 bis 250 dB(0-pk) re 1 µPa @ 1 m für die Arrays. Die maximalen spektralen Levels liegen bei allen Konfigurationen unterhalb von 100 Hz und betragen 182 bis 194 dB re 1 µPa/Hz @ 1m. Die spektralen Levels nehmen mit zunehmender Frequenz kontinuierlich ab und weisen bei 1 kHz etwa 40, bei 80 kHz etwa 60 dB re 1 µPa/Hz niedrigere Werte als das spektrale Maximum auf. Oberhalb von 1 kHz werden die Amplitudenspektren durch das Eigenrauschen des FS Polarstern dominiert.