Vom Gastforscher zum Konsultativstatus im Antarktisvertrag - Polarforschung in der DDR


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Diedrich.Fritzsche [ at ] awi.de

Abstract

Die Polarforschung der DDR begann nach dem Internationalen Geophysikalischen Jahr (IGJ) 1957/58 etwa gleichzeitig auf Spitzbergen und in der Antarktis. Initiator des Spitzbergen-Programms war der österreichische Kartograf Wolfgang Pillewizer, der 1958-1971 an der TU Dresden lehrte und dessen Begeisterung der Glaziologie im Hochgebirge und in Polarregionen galt. Leiter der ersten deutschen Antarktis-Forschergruppe nach dem 2. Weltkrieg war der Potsdamer Meteorologe Günter Skeib, der im IGJ gemeinsam mit russischen Kollegen in mittelasiatischen Hochgebirgen gearbeitet hatte. Während die Forschungsarbeiten auf Spitzbergen nach 2 selbständigen Expeditionen 1965 eingestellt wurden, entwickelte sich im Südpolargebiet eine seit 1959 nahezu kontinuierliche DDR-Beteiligung an sowjetischen Antarktisexpeditionen, stets mit eigenen Programmen, hauptsächlich auf den Gebieten der Meteorologie, der Glazialgeodäsie, Ionosphärenforschung, Gravimetrie und Medizin. Die Arbeiten wurden bis 1978 an den sowjetischen Stationen Mirny, Wostok und Molodjoshnaja durchgeführt. Ab 1972 beteiligten sich Geologen aus der DDR an sowjetischen Arbeiten auf Druzhnaja; seit 1979 gab es kontinuierlich DDR-Gastwissenschaftler auf Bellingshausen, die faunistische und populations­statistische Untersuchungen durchführten. Organisatorisch, logistisch und auch finanziell wurden die Expeditionen zunächst vom Nationalkomitee für Geodäsie und Geophysik (NKGG) bei der Akademie der Wissenschaften, seit den 1970er Jahren vom Zentralinstitut für Physik der Erde Potsdam abgesichert. Staatliche Stellen unterstützten speziell die Antarktisforschung der DDR, nicht aber Arbeiten in der Arktis. 1974 trat die DDR- vor der Bundesrepublik Deutschland - dem Antarktisvertrag bei. Zur wirkungsvollen diplomatischen Unterstützung der sowjetischen Positionen im Vertragssystem war jedoch ein Konsultativstatus erforderlich, der zur damaligen Zeit nur durch eine eigene Forschungsstation zu erreichen war. 1975 wurde bei der sowjetischen Station Nowolasarewskaja in der Schirmacheroase ein Komplex aus in der DDR vorbereiteten Containern errichtet, der für 6-9 deutsche Überwinterer ausreichte und als Basis für kontinuierliche Arbeiten, zunächst zum Studium der Ionosphäre und des Polarlichtes, später auch der Geologie, Hydrologie, des Geomagnetismus, von stabilen und radioaktiven Isotopen, der Botanik, der Bodenkunde und der Gletscherdynamik diente. Zu den wichtigsten hier erzielten Ergebnissen zählt der Nachweis der vertikalen Ozonverteilung im 1985 erstmals beschriebenen „Ozonloch" über der Antarktis. Dieser Komplex wurde 1987 „Georg-Forster-Station" benannt und war zu diesem Zeitpunkt ausreichend für die Aufnahme der DDR als Konsultativstaat im Antarktisvertrag. Von 1987 bis 1991 fanden 4 „Antarktisexpeditionen der DDR" statt, die aber nach wie vor auf sowjetische Transportsysteme angewiesen waren. Ab 1980 war - angesichts der bundesdeutschen Aktivitäten - eine neue Qualität im Antarktisprogramm der DDR vorgesehen. Eine logistisch von der Sowjetunion völlig unabhängige Forschungsstation sollte auf den Larsemann Hills (Princess Elizabeth Land) errichtet werden. Das Projekt scheiterte an den zu hohen Kosten, führte aber zur Mitgliedschaft der Akademie der Wissenschaften der DDR im „Scientific Committee on Antarctic Research" und zur Bildung einer Abteilung Polarforschung im Zentralinstitut für Physik der Erde in Potsdam, die bis 1990 die Koordinierung der Antarktisforschung sowohl mit der Sowjetunion, als auch mit Akademie-Instituten und Hochschulen übernahm. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten haben viele aktive Polarforscher aus der DDR Arbeitsmöglichkeiten im Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Potsdam und Bremerhaven, an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover und an deutschen Universitäten gefunden. Die „Georg-Forster-Station" wurde abgebaut und ihre wichtigsten Programme an die Neumayerstation überführt.



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Conference (Talk)
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Event Details
2nd International Georg von Neumayer Symposium, Bad Dürkheim, Septemberth -23rd, 20 Sep 2007 - 23 Sep 2007, Bad Dürkheim.
Eprint ID
17263
Cite as
Fritzsche, D. (2007): Vom Gastforscher zum Konsultativstatus im Antarktisvertrag - Polarforschung in der DDR , 2nd International Georg von Neumayer Symposium, Bad Dürkheim, Septemberth -23rd, Bad Dürkheim, 20 September 2007 - 23 September 2007 .


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