Erdbeben im oberen Erdmantel unter dem Golf von Cadiz Ergebnisse seismologischer Beobachtungen mit dem NEAREST OBS-Netzwerk
Bisher durchgeführte geophysikalische und geologische Untersuchungen im Golf von Cadiz geben uns eine Vorstellung von den größten aktiven Störungen, an denen zerstörerische Erdbeben stattfinden und damit verheerende Tsunamis ausgelöst werden können, vergleichbar den Ereignissen am 1. November 1755 in Lissabon und entlang der Küsten SW Europas und NW Afrikas. Jedoch sind die Störungskinematik und die seismische Aktivität bisher unzureichend bekannt, da die seismischen Stationen an Land keine genaue Lokalisierung und Bestimmung der Herdparameter für kleinere Ereignisse erlauben.Unter anderem deshalb wurde das durch die EU geförderte Projekt NEAREST (Integrated observation from NEAR shore sourcES of Tsunamis: towards an early warning system) ins Leben gerufen (GOCE, contract n. 037110). Eines der Hauptziele des Projektes ist die Charakterisierung der möglichen Tsunami-Quellen im Golf von Cadiz durch herdnahe kontinuierliche Beobachtungen der natür-lichen Seismizität. Dazu wurden für einen Zeitraum von elf Monaten das GEOSTAR Multiparameter-Tiefseeobservatorium (verantwortlich: INGV Rom) und 24 Breitband-Ozeanbodenseismometer (OBS) des deutschen DEPAS Gerätepools ausgesetzt. Die Stationen befanden sich in Wassertiefen zwischen 2000 und 5100 m. Zusammen mit dem dichten seismo-logischen Netz an Land erlaubt das OBS-Netzwerk die Lokalisierung und Charak-terisierung auch sehr kleiner Erdbeben (ML = 1) in bisher unerreichter Genauig-keit. Automatische Trigger und Spektro-gramme wurden zur Detektion bisher unbekannter Erdbeben verwendet.Eine der zentralen Fragen der Untersuchungen ist die maximale Herdtiefe der Beben unter dem Golf von Cadiz. Im Zeitraum September 2007 bis August 2008 wurden etwa 300 Ereignisse innerhalb des OBS-Netzwerkes durch die Portugiesischen Landstationen lokalisiert. Die Magnituden reichen von 1 bis 4.7 (ML, Quelle: Institute of Meteorology Lisbon, Portugal). Mit dem OBS-Netzwerk konnten eine Vielzahl von Ereignissen detektiert werden, die bisher nicht von den Landstationen erfasst bzw. lokalisiert wurden. Erste Lokalisierungen ergeben, dass die Erdbeben bis in Tiefen von etwa 50 bis 60 km stattfinden. Dies ist oftmals tiefer, als nur mit den Landstationen lokalisiert. Damit werden bisherige Ergeb-nisse von Modellierungen teleseismischer und regionaler Wellenformen der stärksten registrierten Erdbeben bestätigt. Erste Lösungen der Herdmechanismen deuten überwiegend auf Seitenverschiebungen und Aufschiebungen hin.