Einfluss schwindenden arktischen Meereises auf das Klima der nördlichen mittleren Breiten
In den letzten Jahren sind wiederholt extrem niedrige Meereisausdehnungen in der Arktis beobachtet worden. Daher ist es wichtig, mögliche Einflüsse stark reduzierter arktischer Meereisausdehnungen auf das globale Zirkulationssystem zu studieren. Im Mittelpunkt dieser Studie steht der Einfluss auf das Klima der nördlichen mittleren Breiten. Dazu sind hoch aufgelöste, idealisierte Simulationen mit der atmosphärischen Komponente des globalen Klimamodells ECEarth mit reduzierter und entfernter arktischer Meereisbedeckung sowie erhöhter Oberflächentemperatur durchgeführt worden. Diese sind mit voll gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Meereis- Simulationen für 1850-2100 mit ansteigenden Treibhausgas- und veränderlichen Aerosolkonzentrationen verglichen worden, um Einflussfaktoren der Arktis von komplizierten Rückkopplungsmechanismen des globalen Klimasystems zu separieren. Die gekoppelten Simulationen sind für das CMIP5 (Coupled Model Intercomparison Project 5) durchgeführt worden. In den idealisierten Experimenten wird eine deutliche Erwärmung der arktischen Meereis- /Meeresoberfläche im Winter, Frühling und Herbst um bis zu 21 °C im Winter im Experiment mit entfernter Meereisbedeckung vorgeschrieben, während die Meeresoberflächentemperatur in den anderen Regionen unverändert bleibt. In den gekoppelten Experimenten wird für die Arktis eine deutliche Erwärmung der Arktis simuliert, die insbesondere in der Barents-See ebenfalls bis zu 21 °C im Winter im extremen RCP 8.5 Szenario erreicht. Da sich die Erwärmung in den gekoppelten Experimenten nicht auf die Arktis beschränkt, obwohl sie durch den Eis-Albedo- Rückkopplungsmechanismus in der Arktis stärker als in anderen Gebieten ist, wird der meridionale Temperaturgradient zwischen der Arktis und den mittleren Breiten nur ein wenig abgeschwächt, während dies in den idealisierten Experimenten sehr deutlich der Fall ist. Gemeinsam zwischen den idealisierten und gekoppelten Experimenten sind stärker aufwärts gerichtete turbulente Wärmeflüsse, mehr Niederschlag, geringerer Bodenluftdruck und höheres 500 hPa-Geopotential in der zentralen Arktis. Unterschiedlich ist die Bewölkung über der Arktis, die in den idealisierten Experimenten im allgemeinen abnimmt, während sie in den gekoppelten Experimenten zunimmt. Außerdem unterscheiden sich die idealisierten und gekoppelten Experimente in den nördlichen mittleren Breiten. In den idealisierten Experimenten nimmt der Niederschlag im Winter in den nördlichen mittleren Breiten ab, während er in den gekoppelten Experimenten mit Ausnahme von kleinräumigen Gebieten um Grönland und Island zunimmt. Ferner schwächt sich der mittlere westliche Wind in den idealisierten Experimenten über Nordwest- und Mitteleuropa im Winter deutlich ab, was in den gekoppelten Experimenten nicht der Fall ist. Wegen der deutlichen Erwärmung in der oberen Troposphäre in den Tropen und des somit stärkeren meridionalen Temperaturgradienten nimmt der Strahlstrom in den gekoppelten Experimenten zu, während er in den idealisierten Experimenten wegen des schwächeren meridionalen Temperaturgradienten abnimmt. Die große Unsicherheit in der zukünftigen Entwicklung arktischer Bewölkung bewirkt eine große Unsicherheit im Energiehaushalt der Arktis und somit in der Geschwindigkeit der zukünftigen Abnahme der arktischen Meereisausdehnung, was auch Konsequenzen für das Klima der mittleren Breiten haben kann.