Stabilität und Variabilität des Westantarktischen Eisschildes archiviert in glazialmarinen Sedimenten (ANDRILL) auf dem antarktischen Schelf


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gerhard.kuhn [ at ] awi.de

Abstract

Numerische Modellierungen versuchen vorherzusagen, wie bei einer zukünftigen globalen Erwärmung sich die vorhandenen kontinentalen Eismassen verhalten werden und welche Konsequenzen sich für einen Meeresspiegelanstieg hieraus ergeben. Hierfür werden Daten benötigt und Beobachtungen aus Archiven, die vergangene Umweltszenarien beschreiben und möglichst wärmere Klimaphasen als die heutige widerspiegeln. Der Westantarktische Eisschild wird durch die Topographie seines Untergrundes besonders sensibel auf Klimaänderungen reagieren. Wir haben in verschiedenen Regionen, dem Rossmeer, dem Amundsenmeer und an der Antarktischen Halbinsel und auf unterschiedlichen Zeitskalen Sedimente untersucht, die während wärmerer Klimaphasen als die heutige vom Miozän bis zum Holozän abgelagert wurden. Die Analysen der ANDRILL Bohrungen, die mit einem Kerngewinn von 98 % zwei mehr als 1100 m lange Kerne im Rossmeer gewinnen konnten, ergeben vom Miozän bis in das Pleistozän wiederholt Hinweise auf einen stärkeren Rückzug des Eises über das heutige Maß hinaus, was periodisch sogar mit einem Kollaps des Westantarktischen Eisschildes einherging. Modellierungen berechnen für diese Szenarien einen Meeresspiegelanstieg durch das verringerte Eisvolumen in der Antarktis um 7 Meter. Mächtige Diatomite wurden während dieser Warmzeiten abgelagert, die kaum Anzeichen von Sedimenteintrag aus Eisbergen zeigen und sich in offener mariner Umgebung bildeten. Geochemische Studien zur Herkunft der terrigenen Sedimentkomponenten zeigen wie stark variabel die Umweltänderungen in dieser Region über lange Zeiträume waren. Dolomitbildungen, dessen Genese bisher aus diesen Ablagerungsbedingungen nicht bekannt war, markieren oft den Übergang von einer Kaltzeit zu einer Warmzeit. Mischungsprozesse zwischen Schmelz- und Meerwasser und die Aufkonzentration von Sole durch verschiedenartige Ausfrierprozesse werden hier als Ursachen für die Karbonatausfällungen in Betracht gezogen. Heute zeigt der Pine Island Gletscher im Amundsen Sea Embayment das Einzugsgebiet mit dem stärksten Eisrückzug der Westantarktis. Wir erkunden durch Kartierung glazialmorphologischer Strukturen vor den Gletschern auf dem Schelf und der Analyse von Sedimentkernen, ob dieser Rückgang kontinuierlich seit der holozänen Erwärmung fortschreitet, oder ob er ein Anzeichen der rezenten Erwärmung ist. Großskalige glaziale Lineationen zeigen an, dass sich im letzten Glazial die Eismassen bis zur Schelfkante erstreckten und es Bereiche mit schnell fließenden Eisströmen und dazwischen langsam fließenden oder stationären Eiskappen gegeben haben muss. Ablagerungen an für längere Zeit stationären Aufsetzzonen sprechen für einen schrittweisen Rückzug des Eisschildes nach der letzten Vereisung. Auch hier finden wir direkt nach dem Aufbruch des Eisschildes auf dem Schelf Sedimentlagen mit hohen Gehalten an Diatomeen-Skeletten, die eine Phase mit hoher biogener Produktion anzeigt. Die Auswirkungen der rezenten Erwärmung auf den Gletscherrückzug lassen sich besonders gut auf King George Island untersuchen, einem klimatisch sehr sensiblen Gebiet mit einer durchschnittlichen Temperaturerhöhung um 2 bis 3 C ° seit 1950. In einem multidisziplinären Ansatz werden hier im IMCOAST Forschungsprojekt die biogeochemischen und abiogenen Umweltveränderungen an Land und im küstennahen Meer untersucht. Sedimentkerne aus der Maxwell Bay zeigen hochaufgelöst für die letzten 2000 Jahre auch die regionalen Auswirkungen auf globale Klimaschwankungen wie dem Klimaoptimum im Mittelalter und der kleinen Eiszeit. Korngrößenanalysen lassen einen verstärkten Eintrag von Schmelzwasser während des Klimaoptimums und einen reduzierten während der kleinen Eiszeit erkennen. Bisher lässt sich aber an diesem Parameter noch keine Verstärkung beobachten, die mit dem rezenten Temperaturanstieg in Zusammenhang gebracht werden kann.



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Conference (Invited talk)
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Published
Event Details
24. Internationale Polartagung der DGP, 06 Sep 2010 - 10 Sep 2010, Obergurgl, Österreich.
Eprint ID
39458
Cite as
Kuhn, G. and Niessen, F. (2010): Stabilität und Variabilität des Westantarktischen Eisschildes archiviert in glazialmarinen Sedimenten (ANDRILL) auf dem antarktischen Schelf , 24. Internationale Polartagung der DGP, Obergurgl, Österreich, 6 September 2010 - 10 September 2010 .


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