Seismische Untersuchung der Sediment- und basement-Struktur im Bereich der Hinlopen Rutschung
In dieser Arbeit werden die seismischen Daten der Forschungsfahrt MSM31 des For-schungsschiffes Maria S Merian präsentiert. Die Fahrt fand im Jahr 2013 nördlich von Svalbard im Bereich der Hinlopen Rutschung statt. Die vorliegenden Daten wurden im Rahmen dieser Arbeit bearbeitet und ausgewertet. Zentrale Schritte der reflexionsseismischen Datenbearbeitung waren die Bestimmung der Stapelgeschwindigkeiten, die Unterdrückung von Mehrfachreflexionen und eine Bereinigung der Daten durch verschiedene Filter. Daraufhin wurden die Daten ge-stapelt und im Zeitbereich migriert. Durch die geringe Wassertiefe in den Bereichen des Schelfs vor Svalbard und des Yermak Plateaus überdecken starke Mehrfachre-flexionen tiefere Reflexionen. Deshalb lag der Schwerpunkt der digitalen Bearbeitung der reflexionsseismischen Daten auf der Unterdrückung der Mehrfachreflexionen. Dafür werden drei verschiedene Verfahren verglichen. Die verglichenen Verfahren sind einerseits die Multiplenunterdrückung nach NMO-Überkorrektur in der Frequenz-Wellenzahl-Ebene, weiterhin die anhand der linearen Radon Transformation und zu-letzt anhand der Periodizität von Mehrfachreflexionen, die mit der Oberfläche ver-bunden sind. Die beste Unterdrückung der Mehrfachreflexionen wurde schlussend-lich mittels der Filterung im Frequenz-Wellenzahl-Bereich erreicht. Die Bearbeitung der refraktionsseismischen Daten umfasste Korrekturen der Emp-fängerposition und –zeitnahme und dem Picken der Ersteinsätze aus den Seismo-grammen. Auf Basis der so entstandenen Picks wurde ein erstes, grobes Geschwin-digkeitsmodell der Sediment- und Krustenstruktur erstellt. Dieses Startmodell wurde mittels raytracings an die gemessenen Daten angeglichen. Nach der digitalen Bearbeitung wurden Strichzeichnungen von den relfexionsseismi-schen Profilen erstellt. In diesen wurden bereits benannte Sedimenteinheiten des Yermak Plateaus (YP), des Sophia Beckens (SB), des Nansen Beckens (NB), des Schelfs vor Nordostland (NA) sowie der Norskebank (NoB) bestmöglich nachverfolgt. Anhand der Stratigrafie auf dem Yermak Plateau konnte das seismische Netz des nördlichen und nordöstlichen Yermak Plateaus (Geissler und Jokat, 2004, Geissler et al., 2011) an die Erkenntnisse der ODP-Bohrung 910 (Myhre et al., 1995) angebun-den werden. Die Betrachtung von geologischen Strukturen, insbesondere eines Kon-turit in Profil 20130115, Gaslagerstätten in Profilen 20130105 und 20130110 sowie ein BSR in Profil 20130160 ermöglichen eine genauere Betrachtung der Hangstabili-tät und dem Potential einer Hangrutschung vom Schelfhang vor Svalbard. Dabei bil-det der Konturit eine Ausnahme in Bezug auf die verbreitete Einordnung solcher Strukturen als potentielle Instabilität (Laberg und Camerlenghi, 2008) und ist wäh-rend der Hinlopen Rutschung nicht kollabiert. Das Auffinden von Gashydraten stellt vor dem Hintergrund der globalen Klimaerwärmung und einem damit verbundenen Aufschmelzen der Gashydrate (Berndt, 2004) eine mögliche Destabilisierung der auf dem Schelfhang gefundenen Sedimente in Aussicht. Verwerfungen älterer Sedimen-te und der basement-Struktur im Öffnungsbereich zwischen Sophia-Becken und Nansen-Becken werden in dieser Arbeit analysiert. Dabei werden die Verwerfungen in einer Theorie mit der Kompression in Verbindung gebracht, die durch das Ausei-nanderdriften von Grönland und Svalbard zusammenhängt und vor 18 Ma mit dem endgültigen Lösen der beiden Strukturen endet. Des Weiteren wird in dieser Arbeit aus den Ergebnissen der Refraktionsseismik ein Geschwindigkeitsmodell des Sedimentkörpers und der Kruste entwickelt. Dieses Mo-dell ist aus sechs Schichten aufgebaut. Die ersten drei Schichten stellen die Sedi-mentstruktur dar, die Schichten vier und fünf die Kruste und die sechste Schicht den oberen Mantel. Die krustalen Schichten wurden mit verbreiteten Modellen kontinenta-ler (Christensen, 1995) und ozeanischer (White, 1992) Kruste verglichen. Anhand der Mächtigkeiten von etwa 8 km und Geschwindigkeitsgradienten von bis zu 3 km/s pro 10 km Tiefe kann die Kruste im Sophia Becken als ozeanisch zugeordnet werden. Die Kruste auf dem Schelf vor Svalbard wird mit einer Mächtigkeit von bis über 20 km Mächtigkeit und einem Geschwindigkeitsgradienten von unter 0,4 km/s auf 10 km Tiefe als kontinental eingeordnet.