Selbstreinigungseigenschaften der Haut des Pilotwales, Globicephala melas
Zusammenfassung. Selbstreinigungseigenschaften der Haut des Pilotwales, Globicephala melas. In der vorliegenden Arbeit werden mit optischen, chemischen und physikalischen Methoden ermittelte Ergebnisse über die Struktur-Funktions-Beziehungen der Hautoberfläche des Pilotwales beschrieben. Folgende Verfahren wurden angewendet: Histochemie in Verbindung mit Lichtmikroskopie (LM), Kryo-Rasterelektronenmikroskopie (Kryo-REM), Rasterelektronenmikroskopie (REM), Transmissionselektronenmikroskopie (TEM), Vielwinkel-Laserstreuchlicht-Photometrie (engl., multi-angle laserlight scattering, MALLS), Elektronenspektroskopie für die chemische Analyse (ESCA) und Rheologie. Die experiementellen und theoretischen Untersuchungen hatten zum Ziel, die Strukturen und Eigenschaften der Haut haarloser mariner Säuger als Trenn- und Austauschfläche zwischen Organismus und Umwelt sowie ihre Funktion als Barriere gegenüber dem permanenten Besiedlungsdruck durch Biofouling-Organismen zu charakterisieren.Kyro-rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen zeigten, das nur gelegentlich Aufwuchs an der Hautoberfläche des Pilotwales zu finden ist. Die Hautoberfläche von Pilotwalen wies eine laterale Rauhigkeit unter 30 nm auf. Die strukturgebenden Rauhigkeiten resultierten aus einem Porenrelief desmosomaler Glykoproteine mit Porengrößen um etwa 0,2 µm2, das mit einem Gel gefüllt war. Die biochemische Untersuchung des Stratum corneums ergab, dass die an Glykoproteinen reiche Interzellularsubstanz Aggregate bildet. Als Aggregat-bildend wurde eine Fraktion von 20-30 kD Glykoproteinen identifiziert, deren Konzentration mit vor-anschreitender Gelbildung abnahm, während ihr Massen-Vielfaches zunahm. Die chemische Oberflächenanalyse der Haut und des interzellulären Gels zeigten die Anwesenheit von un-polaren und polaren Gruppen. Zu den polaren Gruppen zählten freie Amino-Gruppen. Die chemische Analyse bestätigte, dass die chemische Zusammensetzung der Hautoberfläche wesentlich von der Zusammensetzung des Gels determiniert wird, welches die Poren der Interzellularräume ausfüllt. Die durch Zentrifugation angereichterte Interzellularsubstanz des Stratum corneums erwies sich in rheologischen Experimenten unter mechanisch periodisch-harmonisch oszillierenden Belastungen als gelbildend. Die Geleigenschaften nach Beendigung der Strukturbildung entsprachen mit Speichermodulen GŽ <1200 Pa und Verlustmodulen GŽŽ >120 Pa (bei fallender und steigender Frequenz omega zwischen 43,98 und 0,13 rad·s-1 und einem Scherstress von tau = 15 Pa, T = 20 °C) chemisch kovalent vernetzten Gelen hoher Elastizität. Die Meßergebnisse an der Delfinhaut weisen gegenüber nicht-kovalent vernetzten Schleimen und Biofilmen, wie sie unter anderem aus Biofoulingprozessen bekannt sind, eine deutliche höher Elastizität und Streßunempfindlichkeit auf.Basierend auf der Bildung eines viskoelastischen Gels im Interzellularraum des Stratum corneums bilden sich so bei der natürlichen Abschilferung von Hautzellen (Desquamation) an der Hautoberfläche des Pilotwales immer wieder neue Oberflächen mit lateralen Rauhigkeiten unter 30 nm. Aus den Ergebnissen wird geschlossen, dass Schleime wegen der höheren Streßresistenz des Gels das Gel nicht aus den Poren verdrängen können und die Hautober-fläche in einem großen physikalischen Belastungsbereich eine viskoelastische ebene Fläche darstellt. Diese Ebene weist nur wenig Kontaktpunkte für Biofoulingorganismen auf und bie-tet wegen der Abwesenheit von Mikronischen gute Vorraussetzungen, Biofouler durch Scher-strömungen oder Luftblasen während des für Delfine typischen Sprungverhaltens zu entfernen.