Blue-Carbon-Potenziale der deutschen Nord-und Ostsee Status und Trends vor dem Hintergrund des Klimaschutzes
Marine Ökosysteme zeichnen sich durch eine Vielzahl von Ökosystemleistungen aus. Sie dienen dem Biodiversitätsschutz und tragen in Küstengebieten unter anderem dazu bei, Menschen vor Extremereignissen, wie Hochwasser und Stürmen, zu schützen. Indem sie der Atmosphäre Kohlenstoff entziehen und in ihrer Biomasse sowie den unterliegenden Sedimenten speichern, wirken sie dem Klimawandel entgegen und leisten einen essentiellen Beitrag zum natürlichen Klimaschutz. Der in den Küsten-, Brackwasser-, Meeresökosystemen sowie dem Meeresboden gebundene und gespeicherte Kohlenstoff wird als Blue Carbon bezeichnet. Die vorliegende Studie präsentiert die Ergebnisse einer Literaturrecherche zum Blue-CarbonPotenzial verschiedener Ökosysteme und Biotope der deutschen Küstengebiete und der deutschen AWZ sowie zu möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf diese. Dabei liegt der Fokus auf Salzmarschen und Seegraswiesen, sowie dem möglichen Potenzial von Makroalgen, unbewachsenen marinen Sedimenten und biogenen Riffen. Auf Grundlage des aktuellen Wissensstandes werden Strategien zum natürlichen Klimaschutz aufgezeigt, die zur gezielten Förderung und dem Erhalt von Blue Carbon in Deutschland beitragen. Im ersten Teil werden naturwissenschaftliche Zusammenhänge zum Verständnis von Blue Carbon beschrieben. Denn das langfristige Kohlenstoffspeicherpotenzial ist von verschiedenen Faktoren, wie Sedimenttyp, Vegetationsdichte, der (natürlichen und anthropogenen) Störungsfrequenz, und in Küstenhabitaten auch von der Überflutungshäufigkeit abhängig. Im zweiten Teil werden die nationalen Kohlenstoffspeicherpotenziale und die Ausdehnung der Blue-Carbon-Ökosysteme dargestellt und mit Daten aus internationalen Studien angrenzender Regionen und Länder verglichen. Als Ökosysteme und Biotope mit dem potenziell besten Blue-Carbon-Potenzial in den deutschen Meeren wurden Salzmarschen, Seegraswiesen sowie unbewachsene marine Sedimente identifiziert. Es zeigte sich aber, dass es im nationalen Raum bisher nur wenige publizierte, verwertbare und räumlich ausreichend gut aufgelöste Daten zum Blue-Carbon-Potenzial gibt. In diesem Kontext wurden seit 2021 umfangreiche Forschungsprojekte gestartet, die qualitative und quantitative Erkenntnisse zum Kohlenstoffspeicherpotenzial in den deutschen Meeren liefern werden. Im dritten Teil werden der Status der Klimawandeleffekte in der deutschen Nord- und Ostsee, sowie Auswirkungen des Klimawandels auf Blue Carbon in Deutschland dargestellt. Faktoren wie Temperaturanstieg, beschleunigter Meeresspiegelanstieg oder Eutrophierung können stark negative Auswirkungen auf Blue Carbon haben. Weitere anthropogene Einflüsse wie Baumaßnahmen oder sonstige Eingriffe können sich ebenfalls negativ auf die Kohlenstoffspeicher auswirken. Darauf aufbauend werden Strategien diskutiert und Fragestellungen identifiziert, die zur gezielten Förderung und dem Schutz der Kohlenstoffspeicher wichtig sind. Durch aktives Management von Blue-Carbon-Biotopen können der dort gespeicherte Kohlenstoff geschützt und das Speicherpotenzial positiv beeinflusst werden. Schutz und Renaturierung von Lebensräumen, Wiederherstellung natürlicher (Überschwemmungs-) Dynamiken sowie eine Verringerung des Nährstoffeintrages sind Möglichkeiten zur Förderung und dem Erhalt bereits vorhandener nationaler Blue-Carbon-Speicher. Zum Schutz von Blue-Carbon-Ökosystemen und Biotopen ist es notwendig, Stressoren und negative Auswirkungen zu verringern und ein ganzheitliches Management aufzubauen. Zusätzlich zum natürlichen CO2-Speicherpotenzial mariner Lebensräume werden technische Optionen erforscht, die in verschiedenen Ansätzen auf die aktive Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre abzielen und hier dargestellt werden.Ob und inwieweit die deutschen Meere eine Rolle bei der Entnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre spielen können, wird derzeit im Rahmen nationaler Forschungsprojekte erforscht.