Die Krustenstruktur der Fjordregion Ostgrönlands zwischen dem präkambrischen Schild und den rezenten mittelozeanischen Rücken: Ergebnisse seismischer und gravimetrischer Modellierungen


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Abstract

Die Fjordregion Ostgrönlands zwischen 69°N und 76°N gehörtzusammen mit Nord- und Südostgrönland und den gegenüberliegenden KüstenSkandinaviens und Großbritanniens zu den Kontinentalrändern desNordatlantiks. Sie wird geprägt von einem im Silur aufgefaltetenkaledonischen Gebirge, dessen westliche Ausläufer vom Inlandeis bedecktwerden, von Sedimentbecken, welche während des Extensionskollapses im Devonund der anschließenden langanhaltenden Dehnung entstanden, und von tertiärenFlutbasalten, die bei der Öffnung des Nordatlantiks gebildet wurden. Dochwährend die europäische Seite früh erforscht wurde, war über die KrusteGrönlands lange Zeit wenig bekannt. Erst seit dem Jahre 1988 wurde die Regionwährend mehrerer Expeditionen refraktionsseismisch vermessen. Dabei botendie langen Fjorde Möglichkeiten für land-see-seismische Experimente.Auswertungen von Schwere- und Magnetfelddaten ergänzten die seismischenModellierungen. Doch aufgrund unterschiedlicher Datengrundlagen undArbeitsschwerpunkten finden sich teilweise in den Modellen verschiedenerAutoren Widersprüche oder gegenteilige Interpretationen. So ist z.B. dieFrage nach magmatischen Unterplattungen der Kruste in der Scoresby-Sund-Regionnoch nicht abschließend beantwortet. Auch ist bis heute wenig über denAufbau der kontinentalen Kruste westlich der Profile, über die Struktur desKontinent-Ozean-Überganges und über Mächtigkeiten der ozeanischen Krusteöstlich des Schelfes bekannt. Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, mitverschiedenen Modellierungsmethoden ein großräumiges Krustenmodell zuschaffen.Dazu mußte zuerst ein einheitlicher Bearbeitungsstand aller Daten erreichtwerden. Um für die tiefenseismischen Profile konsistenteGeschwindigkeitsmodelle zu erhalten, wurden in der südlichen Fjordregion vierProfile neu modelliert. Die seismischen Geschwindigkeiten sind dabei denModellen der nördlichen Fjordregion sehr ähnlich. Im Gegensatz zu früherenArbeiten wurde in der Unterkruste keine Hochgeschwindigkeitsschichtangenommen, die maximale Geschwindigkeit beträgt dort nur 6.9 km/s.Stattdessen wurde eine ausgeprägte Topographie der Kruste-Mantel-Grenzemodelliert, um reflektierte Phasen mit hoher mittlerer Geschwindigkeit ausdiesem Bereich zu erklären. Zwei bisher noch nicht ausgewertete Stationen imNordvestfjord führten zu einem Modell, welches eine Gebirgswurzel mit einerMohotiefe von 48 km andeutet. Für alle betrachteten Profile wurdenScherwellenmodelle erstellt und das Poissonverhältnis berechnet. DasPoissonverhältnis zeigt überwiegend großräumige Variationen in dermittleren Kruste zwischen 0.22 und 0.24, bei einigen Profilen finden sich auchoberflächennah in der kristallinen Kruste kleinräumige Variationen mitWerten zwischen 0.22 und 0.30. Zur Klärung der Frage, ob die umstrittenenReflexionen der Profile Gåsefjord und Fønfjord von der Ober- undUnterkante einer Hochgeschwindigkeitsschicht stammen, oder ob sie die Folgeeiner Mohotopographie sind, wurde an ausgewählten Stationen eineFinite-Differenzen-Modellierung durchgeführt. Ein Amplitudenvergleich derPhasen unterschiedlicher Modelle ergab, daß eine Hochgeschwindigkeitsschichtund somit eine magmatische Unterplattung in der südlichen Fjordregionunwahrscheinlich ist.Die refraktionsseismischen Profile ergaben ein detailliertes Modell derKrustenstruktur im Bereich der Kaledoniden und der Sedimentbecken. Um dasModell in schwer zugängliche Gebiete auszudehnen, wurde eine großräumigedreidimensionale Schweremodellierung durchgeführt. Dazu wurde eine neue Karteder Bouguerschwere erstellt. Sie umfaßt den zentralen präkambrischen SchildGrönlands, die Kaledoniden und die Becken, den Kontinent-Ozean-Übergang unddie Tiefseebereiche bis zu den nächstgelegenen mittelozeanischen Rücken. DasErgebnis der Schweremodellierung sind Karten der Mohotiefen undKrustenmächtigkeiten. Die Krustenmächtigkeit ohne das aufliegendeInlandeis beträgt im Bereich des präkambrischen Schildes wie die Mohotieferund 35 km mit nur geringen kleinräumigen Variationen. Unter den zentralenKaledoniden befindet sich eine Wurzelstruktur mit Mohotiefen bis zu 49 km. Dasich die größten Mohotiefen unterhalb der höchsten Oberflächenerhebungenbefinden, nimmt hier die Krustenmächtigkeit maximale Werte von über 51 kman. In der Beckenregion dünnt die kontinentale Kruste auf rund 20 km aus.Jenseits des Kontinent-Ozean-Überganges, welcher nur stark vereinfachtmodelliert wurde, nimmt die Mächtigkeit der ozeanischen Kruste auf etwa 9 kmwestlich des Kolbeinsey-Rückens ab, der minimale Wert von 3.5 km wird in derNähe des Mohns-Rückens erreicht. Unterhalb der ozeanischen Kruste ist derobere Mantel deutlich leichter als im kontinentalen Bereich. Die Berechnungder Last der Gesteine an der Unterkante des Dichtemodells zeigt, daß dieRegion insgesamt isostatisch ausgeglichen ist und nur einzelne Teilbereichenicht vollständig kompensiert sind.Ein Vergleich des Krustenaufbaus Ostgrönlands mit anderen Regionen mitentsprechender Altersstruktur zeigt Ähnlichkeiten und Gegensätze. So liegtdie Mächtigkeit des präkambrischen Schildes global gesehen im unterenBereich. Da sie ohne seismische Randbedingungen aus der Schwere modelliertwurde, kann das Modell nicht als endgültig betrachtet werden. Wenig Zweifelgibt es dagegen an der Existenz der Gebirgswurzel. Die Seismik ergab genugHinweise auf eine Wurzel, sodaß im Gegensatz zu den europäischen Kaledonidenaus der Schwere eine solche Struktur modelliert werden konnte. Die neuenseismischen Modelle der südlichen Fjordregion ergeben keine klare Aussageüber den Extensionsmechnismus während des Devons. Sowohl eine Dehnungentlang einer westwärts einfallenden Scherzone in der Unterkruste, wie in dernördlichen Fjordregion, als auch eine Dehnung entlang einer ostwärtseinfallenden Störung durch die gesamte Kruste wären möglich. Fast alleKontinentalränder des nördlichen Atlantiks zeigen Merkmale einesvulkanischen Randes wie submarine Flutbasalte und großvolumige Intrusionen inder Unterkruste in der Nähe der Übergangszone. Der ostgrönländische Randsüdlich des Kejser-Franz-Joseph-Fjordes und die konjugierendeJan-Mayen-Region zeigen zwar keine Intrusionen, aber das Auftreten vonFlutbasalten reicht, um sie ebenfalls als vulkanische Ränder zuklassifizieren. Die Mächtigkeit der ozeanischen Kruste, welche südlich derJan-Mayen-Bruchzone dicker und nördlich davon dünner als der Durchschnittist, läßt sich auf Variationen der Manteltemperaturen zurückführen.Unterschiedliche thermische Strukturen der alten kontinentalen und der jungenozeanischen Lithosphäre sind wahrscheinlich für den leichten Mantelunterhalb der ozeanischen Kruste verantwortlich.



Item Type
Thesis (PhD)
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Publication Status
Published
Eprint ID
6466
Cite as
Schmidt-Aursch, M. C. (2003): Die Krustenstruktur der Fjordregion Ostgrönlands zwischen dem präkambrischen Schild und den rezenten mittelozeanischen Rücken: Ergebnisse seismischer und gravimetrischer Modellierungen , PhD thesis, Universität Bremen.


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